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Automation in der Additiven Fertigung

„Die Nachfrage nach einer automatisierten Produktionslinie ist sehr groß“

16.05.2022

Wie weit lassen sich additive Fertigungsverfahren automatisieren? Seitdem der industrielle 3D-Druck in der Industrie angekommen ist, wird diese Frage leidenschaftlich diskutiert. Gerade in der Covid-19-Krise mit den damit verbundenen Lieferengpässen wurden Forderungen nach einer Neuausrichtung der Lieferkette laut. Hier kam auch oft die Additive Fertigung ins Spiel, die allerdings bei höheren Stückzahlen ein höheres Maß an Automatisierung benötigt. Auf der Formnext 2021 war dies bereits ein heiß diskutiertes Thema – doch wie weit ist die Automatisierung schon in der Industrie verbreitet und welche Lösungen gibt es hier?

BMW-3
„EOS P 500"-Polymer-AM-System, einschließlich Grenzebach Exchange EOS P500 und EOS Closed-Loop-Powder-Management. Bild: BMW

Führende AM-Unternehmen haben Pilotprojekte durchgeführt, um Technologien für die Automatisierung des Kunststoff-3D-Drucks zu untersuchen und die derzeitigen technologischen Herausforderungen und Barrieren zu überwinden.

So wurde zum Beispiel im März 2020 das Polyline-Projekt mit einer geplanten Dauer von drei Jahren ins Leben gerufen, um einzelne Prozesse in der AM-Produktionslinie zu automatisieren und sie vom Teiledesign bis zum Endprodukt zu verbinden. Die Technologie soll dabei generell für größere Serien qualifiziert werden und die Automatisierung die Qualität der Produkte weiter steigern. Ziel ist es auch, dies als End-to-End-Lösung auf den Markt zu bringen, im Rahmen einer sogenannten ganzheitlichen Betrachtung des automatisierten AM-Workflows. „Es hat keinen Sinn, nur einzelne Dinge zu entwickeln“, sagt Martin Friedrich, ehemaliger Project Lead Series Projects Additive Manufacturing bei der BMW Group, „alles sollte miteinander verbunden und voll automatisiert sein.“

Für das vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) geförderte Konsortium hat EOS 15 Industrie- und Forschungspartner aus Deutschland zusammengebracht, damit sie ihre jeweils individuellen Kompetenzen einbringen, um alle Aspekte des Software- und Hardware-Know-hows abzudecken und so die vielen technologischen Hürden bei der Automatisierung zu überwinden.

„Bislang ist alles arbeitsintensiv“

„Aus Sicht der Zulieferer sehen wir ein großes Interesse an der Skalierung der Polymer-3D-Drucktechnologie", sagt Marcus Andrä, Product Line Manager Polymer Periphery and Automation bei EOS. „Die Nachfrage nach einer voll integrierten, automatisierten Produktionslinie ist sehr groß.“

Die Gründe, warum ein großes OEM wie die BMW Group die Automatisierung von AM-Prozessen angehen sollte, liegen auf der Hand. „Bislang ist alles arbeitsintensiv. Ein großer Teil der Produktion von AM-Teilen wird heute in sich wiederholende Prozesse investiert wie zum Beispiel das Auspacken der Teile“, so Friedrich. „Als Automobilhersteller wollen wir so effizient wie möglich sein und die Kapazitäten unserer Mitarbeiter bestmöglich auslasten.“

„Es geht oft auch um die Kosten“, fügt Paul Osswald, Projektleiter F&E für nichtmetallische Additive Fertigung bei der BMW Group, hinzu. „Wenn AM den nächsten Schritt machen und das Produktionsvolumen erhöhen will, müssen die Kosten sinken. Die Automatisierung ist eine Möglichkeit, dies zu erreichen. Es gibt Ausfallzeiten, man ist auf die Anwesenheit von Mitarbeitern angewiesen. Wenn man in der Lage ist, die Maschinen produktiv zu betreiben, ohne dass jemand anwesend ist, erhöht sich die Effizienz, was wiederum die Endkosten pro Teil senkt. Geringere Kosten sind auch entscheidend, um eine solche Fertigung zu skalieren.“

Die Automatisierung wird in der Produktionslinie durch eine Kombination aus Software, Hardware, KI und Robotik umgesetzt. Die Automatisierung einer gesamten Produktionslinie bedeutet insbesondere die Automatisierung der einzelnen Maschinen und der Kommunikation zwischen ihnen. Maschinen wie die EOS P 500 sind vollautomatische Polymersysteme, die eine Reihe von Vorgängen wie das Be- und Entladen und das Abkühlen der Teile ohne menschliches Zutun durchführen können. Automatisierte Pulverhandling-, Auspack-, Reinigungs- und Nachbearbeitungsstationen arbeiten alle autonom und sind durch automatisierte Transportsysteme miteinander verbunden.

Algorithmen für einen effizienteren Gesamtprozess

Die Software ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Über die Echtzeitüberwachung werden Daten von den Arbeitsstationen gesammelt und zur Entwicklung von Algorithmen verwendet, um den Gesamtprozess effizienter zu gestalten. Das Produkt wird in jeder Phase verfolgt und kann dank der Wärmebildkameras und Sensordaten der Maschinen jederzeit überprüft werden. Dies hat zur Folge, dass die Qualität während des gesamten Prozesses und nicht erst am Ende kontrolliert und überwacht wird.

Automatisierte Nachbearbeitung bei Protolabs. Bild: Protolabs
Automatisierte Nachbearbeitung bei Protolabs. Bild: Protolabs

Gleichzeitig verbessert die Aufzeichnung der Daten aller Prozesse auch die Rückverfolgbarkeit enorm. „Wenn ein Kunde von BMW wissen will, wo sich alle Informationen zu einem produzierten Teil befinden, kann er einfach auf den Knopf drücken und erhält die Informationen sofort“, sagt Andrä.

Es gibt jedoch Grenzen, wie weit die Technologie unabhängig von menschlichen Bedienern arbeiten kann, insbesondere in der Phase der Nachbearbeitung, bei der die Maschinen mit vielen verschiedenen Struktur- und Design-Anforderungen gefüttert werden müssen. „Derzeit können wir nicht automatisch auf komplexe Geometrien und neue Materialien reagieren“, sagt Julius Legenmajer, Senior Product Engineer bei DyeMansion. „Das bedeutet, dass der Prozess von unseren Experten an die fast grenzenlose Vielfalt der Geometrien und Spezifikationen von 3D-Druckteilen angepasst werden muss. Was wir als nächsten Schritt brauchen, sind intelligente Maschinen, die dynamisch auf veränderte Eingabeparameter reagieren und sich an die Grenzenlosigkeit von AM-Designs anpassen können.“

Diese intelligente Flexibilität umzusetzen ist eine besondere Herausforderung, weil sie eigentlich dem Wesen der Automation widerspricht. „Bei der Automation geht es um Wiederholbarkeit“, erläutert Oliver Elbert, Leiter der Additiven Fertigung bei Grenzebach. „AM ist ja als Fertigungstechnologie auch deshalb so attraktiv, weil die Teile ein sehr spezifisches, individuelles Layout haben können. Das lässt sich sehr schwer automatisieren.“

Ein ideales Set-up könnte Serienteile produzieren, gleichzeitig aber auch in einer Prototyping-Umgebung eingesetzt werden. „Unser Hauptziel ist es, Standards für AM in der Industrie zu etablieren, um AM als reproduzierbaren und zuverlässigen Prozess zu integrieren“, so Friedrich. „Für die Teilefertigung im Allgemeinen ist AM ein kleiner Baustein in der großen Mauer, der seinen Platz erst noch finden muss.“ Ziel des Polyline-Projekts ist es daher, diese Einschränkungen zu überwinden und standardisierte und wiederholbare Prozesse für die gesamte Produktionslinie zu schaffen.

Effizienz und Zuverlässigkeit einzelner Arbeitsschritte erhöhen

Während Pilotprojekte wie Polyline eine durchgängige Automatisierung anstreben, wird die Automatisierungstechnologie in der Branche bereits eingesetzt, um die Effizienz und Zuverlässigkeit einzelner Arbeitsschritte zu erhöhen. Wie Andrea Landoni, Product Manager 3D Printing EMEA bei Protolabs, erklärt, hat Protolabs als 3D-Druck-Dienstleister Nachbearbeitungsschritte automatisiert, um eine Reihe verschiedener Sektoren zu bedienen. Aus diesem Grund liegt das Hauptinteresse des Unternehmens an der Automatisierung in der Möglichkeit, dieselben Prozesse auf viele Produkte gleichzeitig anzuwenden.

„Bestimmte Nachbearbeitungsschritte sind bei jedem Produkt notwendig“, erklärt Landoni. Bei Teilen, die im SLA- oder Polyjet-Verfahren hergestellt werden, also Verfahren, die in der Regel für das Prototyping eingesetzt werden, müssen alle Stützen entfernt werden. Bei SLS oder Multijet Fusion, die für Endprodukte oder Kleinserien verwendet werden, ist hingegen eine Pulverentfernung erforderlich. Andererseits benötigen einige Produkte spezifischere Parameter und Nachbearbeitungsschritte. „Für uns wäre es nicht sinnvoll, stundenlang die Parameter für einen bestimmten Auftrag einzustellen", so Landoni. „Was wir brauchen, ist die Automatisierung von Prozessen, die auf jedes Produkt anwendbar sind, um die Reproduzierbarkeit, die Zeiten und die Kosten zu verbessern.“

Derzeit verfügt Protolabs über automatisierte Maschinen für die Entpulverung und das Glätten. Zuvor wurde beides manuell durchgeführt, der Prozess war deshalb anfälligerer für Fehler. Mit einer automatisierten Maschine lässt sich die Effizienz erheblich steigern, vor allem in Bezug auf die immer gleich bleibenden Zeiten und die reproduzierbare Qualität, die nicht von der Genauigkeit des Bedieners abhängt.

Die R&D-Teams von Protolab sind stets auf der Suche nach neuen Automatisierungstechnologien für ihre Anlagen. In München sind sie kürzlich in ein neues, größeres Gebäude umgezogen, um ihre Produktionsabläufe umzugestalten und Schritt für Schritt neue Automatisierungstechnologien zu integrieren. „Obwohl die Automatisierung für uns im Moment vor allem dort wertvoll ist, wo wir in der Nachbearbeitung standardisierte Schritte anwenden können“, sagt Landoni, „gibt es keinen Grund, unsere Automatisierungstechnologie nicht aufzurüsten, um in Zukunft ein breiteres Spektrum von Anwendungen einzubeziehen."

AM-VERFAHREN:

Additive Manufacturing für Polymere - powder bed fusion

Additive Manufacturing für Polymere - photopolymerization

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WEITERE INFORMATIONEN UNTER:

protolabs.de
eos.info
bmw.com
bmbf.de

Tags

  • Automotive
  • Forschung und Entwicklung
  • Oberflächenbehandlung
  • Additive Fertigung