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Partnerland Italien – Additive Fertigung

Hohes Entwicklungstempo mit dem Ohr am Markt

von Thomas Masuch - 17.09.2021

Der Industriekonzern Prima Industrie hat mit seinem Start-up Prima Additive einen schlagkräftigen Hersteller von Metall-AM-Anlagen auf den Weg gebracht.

Bild: Thomas Masuch
Bild: Thomas Masuch

An der Fassade am Eingang der neuen Firmenzentrale im Norden Turins weisen orangefarbene Strahlen auf den Kern von Prima Industrie. Der börsennotierte Konzern mit rund 1.800 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von rund 450 Mio. Euro ist Spezialist in der Lasertechnologie und baut darauf basierend seit vier Jahrzehnten Maschinen zur Blech- und Metallbearbeitung. Bei diesem technologischen Hintergrund war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis das Traditionsunternehmen auch in der Additiven Fertigung aktiv wird.

Zahlreiche Baureihen für die additive Metallfertigung hat der Konzern mit seinem jungen Geschäftsbereich Prima Additive bereits auf den Markt gebracht – fünf im Technologiebereich Selective Laser Melting (SLM), vier weitere Maschinentypen basieren auf dem Direct-Energy-Deposition-Verfahren (DED). Ein beeindruckendes Portfolio, wenn man bedenkt, dass die AM-Division erst 2018 ins Leben gerufen wurde. Das Entwicklungstempo ist auch deshalb so zügig, weil man bei der Entwicklung der AM-Anlagen auf das Grundgerüst der Schweiß- und Laserschneidanlagen von Prima Industrie zurückgreifen kann – inklusive Maschinenstruktur und Steuerung.

„Konkurrenzfähig arbeiten“

„Additive is competitive“, spricht es von den Rücken der Mitarbeiter in der Firmenhalle. Den Slogan der Firmen-T-Shirts erklärt Paolo Calefati, Leiter Additive Manufacturing und Innovation bei Prima Industrie, genauer: „Unser Ziel ist es nicht unbedingt, die schönste Technologie zu entwickeln, sondern die, mit denen unsere Kunden am konkurrenzfähigsten arbeiten können.“ Für Calefati, der schon seit zwölf Jahren bei Prima Industrie arbeitet und den AM-Bereich mit aufgebaut hat, ist es zudem wichtig, als verlässlicher und fairer Industriepartner an der Seite der Kunden zu stehen, ohne unrealistische Versprechungen zu machen. „Schließlich ist der Markt leider schon recht voll mit Leuten, deren Erwartungen zerstört wurden. Dazu wollen wir nicht auch noch beitragen.“ Dafür will Prima Additive auch die Erfahrungen und Netzwerke der Konzernmutter nutzen. „Wir wissen genau, worauf es in der Automobilindustrie, dem Werkzeugbau oder der Luftfahrtindustrie ankommt“, erklärt Calefati. „Der Schlüssel für einen Maschinenanbieter ist zum Beispiel auch ein faires Konzept für den Service und den After-Sales-Bereich.“

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Anwendungsbezogene Entwicklung

Diese Strategie scheint im Markt gut anzukommen: Seit der ersten Produktpräsentation vor rund zwei Jahren hat Prima Additive laut Calefati rund 50 AM-Anlagen verkauft, die meisten davon Pulverbettmaschinen. Abnehmer waren größtenteils Forschungseinrichtungen, aber auch Industrieunternehmen. In Zukunft will Calefati durch Internationalisierung weiter wachsen, denn der „Markt in Italien ist in dem Bereich relativ klein“.

Trotz der guten Auslieferungen steht bei Prima Additive aber die Produktentwicklung weiter im Vordergrund und wird vor allem basierend auf konkreten Anwendungen vorangetrieben. „Wir entwickeln nicht einfach aufgrund netter Ideen, sondern hören genau auf den Markt“, erklärt Calefati.

Bild: Thomas Masuch
Paolo Calefati (l.) und Daniele Grosso in der Halle von Prima Additive, wo unter anderem Produktentwicklung und Montage angesiedelt sind

Eine Antwort auf die Stimmen aus dem Markt ist unter anderem das Streben nach mehr Automation. Überraschenderweise zielt dies aber nicht unbedingt auf höhere Stückzahlen und niedrigere Teilkosten, sondern hat zwei andere Gründe: Zum einen seien die Maschinen aus anderen Bereichen von Prima Industrie deutlich weiter automatisiert als die AM-Anlagen, „und da müssen wir einfach aufholen“. Auf der anderen Seite will der Ingenieur die Einführung von AM in Industrieunternehmen erleichtern: „Es gibt viele Unternehmen, die AM gar nicht oder nur eingeschränkt nutzen, weil die Anlagen ein hohes Maß an Know-how erfordern und nicht immer die passenden Mitarbeiter da sind.“ Hin und wieder habe jeder Mitarbeiter zudem seine eigene Produktionsrezeptur entwickelt, was eine Produktion mit zuverlässigen, gleich bleibenden Ergebnissen zusätzlich erschwere. „Diese Probleme lassen sich durch Automation deutlich verringern, da das benötigte Know-how für die Bedienung der Maschine sinkt.“ Unternehmen würden damit weniger abhängig vom Know-how der Bediener.

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Mehr Unabhängigkeit für AM-Sektor

Noch unabhängiger will Prima Industrie auch den Geschäftsbereich AM machen: Noch in diesem Jahr soll daraus die eigenständige Firma Prima Additive S.p.a. entstehen, wobei der Prima-Konzern Mehrheitsgesellschafter bleiben wird. Neben der Entwicklung und dem Bau von AM-Anlagen will sich das neue AM-Unternehmen auch um die Entwicklung neuer Technologien insbesondere im AM-Bereich kümmern. Dafür besteht bereits eine Kooperation mit dem Turiner Start-up 3D New Technologies. Das Unternehmen startete 2015 – zu den vier Gründern gehörte auch Paolo Calefati. Prima Industrie fungierte als Inkubator und trieb die weitere Entwicklung durch Investments voran. „Mit 3D New Technologies entwickeln wir neue Pulverbettmaschinen, aber auch ganz neue Technologien für die Additive Fertigung.“
In dem neu gebauten Firmenkomplex, der in nicht allzu großer Entfernung im Norden und Westen von den über 3.000 Meter hohen Alpengipfeln umrahmt wird, hat der Prima-Konzern eine eigene Produktionshalle für die additiven Aktivitäten reserviert, was die Bedeutung dieses Bereichs für den Konzern unterstreicht. Auch im weitläufigen Showroom, der bequem ein mittelständisches Unternehmen beherbergen könnte, finden sich neben zahlreichen Blechbearbeitungsmaschinen auch die additiven Angebote des Unternehmens.

Fokussierung auf neue Entwicklungen

In der additiven Produktionshalle zeigt sich die von Calefati beschriebene Wichtigkeit der Produktentwicklung: Neben der Maschinenmontage stehen hier zwei Pulverbettmaschinen, auf denen Testreihen gefahren werden. Etwas weiter hinten versteckt sich der Prototyp einer neuen DED-Maschine, für die Prima einen neuen Auftragskopf entwickelt hat. „Diesen wollen wir als Weltneuheit im November auf der Formnext präsentiert“, freut sich Daniele Grosso, der sich bei Prima Additive um das Marketing kümmert.
In einem für Besucher normalerweise verborgenen Bereich der Halle arbeiten mehrere Techniker an einem weiteren Prototyp, der noch streng unter Verschluss ist. Der rohe Metalllook und die offenen Kabel und Verbindungen offenbaren das jugendliche Entwicklungsstadium. Doch Calefati ist bereits jetzt überzeugt, dass diese Maschine, die wohl im nächsten Jahr vorgestellt werden soll, mitsamt Automatisierung und einer neuartigen Pulverbett-Technologie einen beeindruckenden technologischen Entwicklungssprung hinlegen wird. „Mit dieser Maschine werden wir die bisherigen Produktionsgeschwindigkeiten und Arbeitskosten einer herkömmlichen Pulverbettmaschine deutlich in den Schatten stellen.“

AM-VERFAHREN:

Additive Manufacturing für Metalle - powder bed fusion

Additive Manufacturing für Metalle - direct energy deposition

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MEHR INFOS UNTER:

primaadditive.com

Tags

  • Maschinen- und Anlagenbau
  • Additive Fertigung