Text: Thomas Masuch, 01.12.2023
Aufregende Drucke, außergewöhnliche Designs, neue bahnbrechende Technologien – das war von der ersten Formnext an ein Markenzeichen der Messe. Nirgendwo sonst kann man so gut in die Zukunft der Additiven Fertigung schauen: Welche Trends beeinflussen die industrielle Fertigung in den nächsten Jahren, welche Anwendungen werden sich ändern, wo wird AM seine disruptive Kraft entfalten? Doch in den vergangenen Jahren, praktisch parallel zum Erwachsenwerden der Additiven Fertigung, hat sich auch die Formnext weiterentwickelt.
Für Aussteller und Besucher der Messe scheint eine konkrete Frage immer mehr in den Vordergrund zu rücken: wie kann ich mit AM Geld verdienen? So waren auf der Formnext 2023 noch mehr konkrete Anwendungen von der Medizin, über Textilien und Automobilbauteile bis hin zu schweren Laufrädern für Kraftwerksgeneratoren zu sehen. Und auch viele Neuheiten stand im Zeichen von höherer Wirtschaftlichkeit und eine effizienteren AM-Produktion. Außergewöhnliche Exponate waren aber nach wie vor auf der Formnext zu finden (z.B. drei Formel Eins-Boliden) – schließlich ist der Rennsport nach wie vor ein wichtiger Absatzmarkt für AM-Hersteller und eine Branche, die die Entwicklung vorantreibt.
Größere Maschinen und größere Bauteile – einer der Trends der Formnext 2023. Fotos: Mesago
Automatisierung und Durchsatz
Eine höhere Wirtschaftlichkeit lässt sich vor allem durch zwei Faktoren beeinflussen: Automatisierung und höhere Druckgeschwindigkeiten. Lösungen für die Automatisierung haben inzwischen fast alle großen System-Anbieter im Angebot, zudem zeigten zahlreiche kleinere und spezialisierte Unternehmen Lösungen für die gesamte Prozesskette inkl. spezieller Softwarelösungen wie z.B. von 3D-Ceram, AM-Flow, Mosaic und vielen andere. Höhere Druckgeschwindigkeiten waren zudem einer der wichtigen Faktoren bei den zahlreichen Produktlaunches auf der Formnext 2023: So versprach z.B. Branchengröße Stratasys mit dem neuen F3300 einen doppelt so hohen Durchsatz wie bei herkömmlichen FDM-Druckern.
Materialien immer umfangreicher
Einer der wichtigsten Treiber für neue Anwendungen sind Materialien. Und auch in diesem Bereich hatte die Formnext 2023 viel Neues zu bieten: Es gab zahlreiche neue Materialentwicklungen, die sich kaum alle aufzählen lassen (sowohl von den etablierten Systemanbietern wie 3D Systems als auch von spezialisierten Materialanbieter wie Henkel). Zudem entdecken immer wieder traditionelle Materialhersteller auch die Additive Fertigung als spannenden Absatzmarkt – wie zum Beispiel das deutsche Unternehmen Cunova, das auf der Formnext erstmals seine Kupferpulver vorstellte. „Wir haben hier gemerkt, dass sich für uns im Rahmen der Additiven Fertigung ein völlig neuer Markt eröffnet, und sehen jetzt nochmal verstärkt das Potential für uns, voll in die Lieferkette als Pulverlieferant einzusteigen“, freuten sich Robin Bappert und Christof Dratner. Außerdem scheint der 3D-Druck mit Pellets immer weiter Fuß zu fassen. Industriegröße Arburg hat hierfür bereits vor Jahren eine Technologie entwickelt und mit seinem Freeformer erfolgreich auf dem Markt etabliert – auf der Formnext 2023 hatten nun deutlich mehr Unternehmen Pellet-Drucker im Sortiment – Bosch Industrial Additive Manufacturing stellte sogar eine neue Pellet-Druck-Technologie vor. Von einem Materialanbieter war zu hören, dass Pellets in Zukunft möglicherweise den Filamenten den Rang streitig machen können.
Neue Materialien sorgen für immer mehr Anwendungen. Auf der Formnext gab es auch immer mehr Anwendungen aus dem Multimaterial-Druck zu sehen. Fotos: Mesago
Kooperationen
Auch in der Additiven Fertigung sind Budgets nicht unbegrenzt, und so scheint sich nun immer öfter die Überzeugung durchzusetzen, dass bestimmte neue Entwicklung gemeinsam besser zu schultern sind, weil sich die Kosten verteilen und man gemeinsame Synergien nutzen kann. Auf der Formnext einige neue Kooperationsprojekte vorgestellt. Das prominenteste davon war sicherlich der „AM I Navigator“ (Initiative Additive Manufacturing Industrialization Navigator), mit einer individuellen Beratung AM-Anwendern durch die immer komplexer werdende AM-Landschaft geleiten soll. Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Siemens, DyeMansion, BASF Forward AM, EOS und HP. Aber auch in kleinerem Rahmen gab es spannende Entwicklungen, wie zum Beispiel die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Fraunhofer IGCV und Nikon SLM Solutions AG, mit der beide ihre Zusammenarbeit im Multimaterial-Bereich stärken wollen. Auch der Spezialist für Postprocessing Rösler verkündete Partnerschaften mit EOS, FKM Additive Manufacturing und Shapeways.
Immer größer und immer kleiner
Im Bereich der Baugrößen setzte sich der Trend fort, der sich auf den vorherigen Ausgaben der Formnext bereits etabliert hatte: Es wird immer größer. Im Metalldruck zeigten AMCM, Eplus3D, InssTek, MX3D und andere enorme Maschinen, auf denen sich tonnenschwere Bauteile 3D-drucken lassen. Diese beachtlichen Maße stellen auch ganz neue Anforderungen an Simulation und Baujob-Überwachung, wofür zahlreiche Unternehmen wie Oqton, 1000 Kelvin entsprechende Lösungen vorstellten. Denn in diesen Größen sind Fehldrucke nicht nur ärgerlich, sondern tun geschäftlich richtig weh. Und auch im Kunststoffbereich wird es immer größer. Ein echter Hingucker war sicherlich die Maschine von CMS, die live auf der Formnext voluminöse Bauteile druckte. Zahlreiche Unternehmen wie WASP, Caracol und andere demonstrierten live auf der Messe oft mit roboterbasierten 3D-Druckern die Flexibilität und Geschwindigkeit dieser Technologie. Und auch in der anderen Richtung, im Nano-Bereich, war auf der Formnext viel Neues zu sehen sich viel: Neben dem Marktführer Nano Dimension etablieren sich immer mehr Unternehmen in diesem Segment (wie 3D MicroPrint) und zeigten eine immer größere Brandbreite von Anwendungen – von 3D-gedruckter Elektronik, über winzigen Schrauben für die Produktion von Mobiltelefonen bis zu kleinen Formen für den Spritzguss oder winzigen Bauteilen für die Raumfahrt. Diese sorgen in Zukunft dafür, dass Satelliten deutlich kleiner und damit leichter gebaut werden können.
Echte Hingucker und spektakuläre Designs aus zahlreichen Industriebranchen: vom Bau über Textilen bis zur Formel Eins. Fotos: Mesago
Medizin, Aerospace, Automotive und mehr
Tausende auf der Formnext gezeigte Anwendungen vermittelten den Eindruck, dass nach wie vor die Branchen Medizin und Aerospace die wichtigsten Treiber der Branche und der technischen Entwicklung sind. Dieses Bild bestätigte sich nicht nur auf den Ständen der großen Systemanbieter, sondern auch bei Forschungsinstituten wie z.B. bei den Fraunhofer-Gemeinschaftsständen. Weitere interessante Entwicklungen waren im Bereich Textilien (z.B. bei Stratasys, Mosaic und immer mehr Ständen) zu sehen. Interessanterweise zeigten Unternehmen wie Trumpf, Prima Additive oder der Materialanbieter Mimete Bremsscheiben (teilweise inkl. entsprechender Beschichtungstechnologie) recht prominent auf ihren Ständen. Das Thema ist derzeit in der Automobilindustrie heiß diskutiert, denn bis 01.07.2025 müssen die Hersteller von PKW, Transportern, Bussen und LKW die neue neuen Abgasnorm Euro-7 umsetzen, die auch neue Anforderungen an die Beschichtungen von Bremsscheiben stellt. Und diese Herausforderungen lassen sich dank Additiver Fertigung sehr gut umsetzen.
Die Medizintechnik ist einer der wichtigen Treiber für Innovation in der Additiven Fertigung. Daneben war auch das Thema Bremsscheiben-Beschichtung auf der Formnext recht prominent. Fotos: Mesago (5); Thomas Masuch (1)
Sehr prominent auf der Formnext war auch das Thema Bau: Neben der schon etablierten Sonderschau „druckte“ Constructions3D auf einem großen Areal mit seinem Maxi-Printer Betonstrukturen wie sie auch beim Hausbau zum Einsatz kommen. Dabei war das französische Unternehmen nicht der einzige Aussteller, der Lösungen für die Bauindustrie vorstellte.
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