Kolumne Schraeg gedacht / von Thomas Masuch — 06.02.2021
Wenn es um Nachwuchskräfte und Berufseinsteiger geht, ist ja mittlerweile von „Talenten" die Rede – wobei das Wort ja ursprünglich auf eine Gewichtseinheit in der Antike zurückgeht und später bei den Römern als Währungseinheit fungierte. Später entstand die Formulierung, dass eine Person Talent hat, was implizierte, dass man ihr eine gewisse Form von Wert zumaß, sozusagen ein innerer Schatz, den es zu heben gilt.
Auch wenn es aus Sicht der AM-Welt schwer vorstellbar ist, wollen junge Menschen von den mehr oder weniger vorhandenen Talenten zumindest in beruflicher Hinsicht immer spärlicher Gebrauch machen. Das ergab eine Studie von EY, zu der im Oktober 2020 mehr als 2.000 Studierende in Deutschland befragt wurden. Ganz oben auf der persönlichen Wunschliste für eine künftige Beschäftigung stehen Jobsicherheit (67 %), Gehalt (55 %) und Vereinbarkeit von Familie und Beruf (39 %). Deutlich weniger wichtig sind Aufstiegschancen (33 %), flache Hierarchien (22 %) oder die Innovationskraft des Unternehmens (16 %). Kein Wunder, dass immer mehr junge und talentierte Menschen hierzulande eine Anstellung im Staatsdienst suchen und als Beamte in den Genuss von geregelten Arbeitszeiten, einem sicheren Job und – später einmal – einer üppigen Pension kommen wollen.
HÖHERE BEREITSCHAFT ZUM RISIKO
Doch die Scheu vor dem beruflichen Risiko könnte bald schwinden – und das liegt möglicherweise an einem Stoff, der sich in Meeren, Flüssen und Böden ausbreitet und immer weiter in unsere Nahrungskette vordringt: Mikroplastik. Bei Fischen konnten Forscher schon eine Verhaltensänderung feststellen. Laut einer Studie der australischen James-Cook-Universität zeigten junge Riffbarsche, die mit ihrer Nahrung auch 0,2 mm kleine Polystyrol-Partikel verspeist hatten, eine deutlich höhere Bereitschaft, Risiken bei der Nahrungssuche auf sich zu nehmen. Die Erklärung dafür ist so simpel wie einleuchtend: Die Mägen waren voll, doch die Fische blieben hungrig.
Ob diese spezielle Diät eine nachhaltige Methode sein wird, die Gründungsmentalität und Risikobereitschaft junger Menschen zu fördern, darf allerdings bezweifelt werden. Den jungen Riffbarschen bekam das Plastik-Menü nämlich gar nicht: 72 Stunden nachdem sie im Great Barrier Reef ausgesetzt worden waren, hatten Raubfische ausnahmslos alle verspeist.
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