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Frank Carsten Herzog im Interview

„Das finanzielle Umfeld hat Spuren hinterlassen“

17.05.2023, von Thomas Masuch

Der Anstieg der Zinsen durch die Notenbanken weltweit hat auch in der Investment-Branche die Spielregeln neu definiert. Wie stark die Veränderungen auch in der Welt des 3D-Drucks sind und was nun auf AM-Start-ups und Kapitalgeber zukommt, haben wir mit Frank Carsten Herzog, Gründer von Concept Laser und geschäftsführender Gesellschafter des Investment-Unternehmens HZG Group, besprochen.

Foto: fotostudio bewe
Foto: fotostudio bewe

Herr Herzog, sie schauen sich jedes Jahr mehrere Hundert Start-ups an. Die veränderte Lage am Kapitalmarkt dürfte auch bei der Finanzierung von Start-ups der Additiven Fertigung nicht ohne Folgen geblieben sein…

Die Situation ist inzwischen anders als noch vor ein oder zwei Jahren. Damals gab es häufiger Finanzierungsrunden von Hunderten Millionen Euro und ich habe mich oft gefragt, wann solche Investitionen wieder reinkommen sollen. Diese Situation hat auch zu einem speziellen Mindset bei den Gründern geführt: Da wurden zum Beispiel mittlere zweistellige Millionen-Bewertungen in sehr frühen Unternehmensphasen aufgerufen, ohne dass es solide handwerkliche Tools gab, um auf eine solche Bewertung zu kommen. Das hat sich dramatisch geändert: Viele Investoren, bei denen das Geld locker saß, agieren nun zurückhaltender.

Wenn sich die Partner für Investitionen so ausgedünnt haben, müssten Sie doch bei den Verhandlungen mit Start-ups inzwischen ziemlich gute Karten haben?

Wir sind bei Verhandlungen jetzt in einer besseren Position, wobei wir mit der HZG Group auch noch nicht so lange am Markt sind. Aber wir haben schon gemerkt, dass Start-ups vor einem Jahr noch deutlich selbstbewusster aufgetreten sind, nach dem Motto: Wenn ihr unsere Bewertung nicht mitgeht, dann bekommen wir das Geld eben von jemand anderem. Das hat sich geändert.

Das mag vielleicht auch daran liegen, dass Start-ups abseits von Venture Capital nicht so viele Möglichkeiten haben, um an neues Geld zu gelangen …

Ja, das stimmt. Kredite von Banken sind für Start-ups gerade in frühen Phasen nicht die Regel. Was dann noch bleibt, ist Venture Debt – aber die Zinssätze hier binden die Unternehmen viele Jahre. Ohne bestehendes Wachstum ist das wirklich schwierig.

Neben den finanziellen Rahmenbedingungen sorgen ja auch der russische Überfall in der Ukraine und die Inflation weiterhin für Unsicherheit.

Das betrifft die Start-ups sehr. Für viele geht es tatsächlich ums unternehmerische Bestehen. Da ist es selbst mit Sparen nicht getan und Anschaffungen werden kritischer hinterfragt. Gleichzeitig sind wir als Investor in der Additiven Fertigung in einem Markt aktiv, der immer noch wächst und in den auch weiter investiert wird. Beim Blick auf die wirtschaftliche Lage muss zwischen den Branchen unterschieden werden. 

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Stimmungstief in der Welt des Venture Capital: Das Geschäftsklima, die Geschäftslage und die Erwartungen haben sich in den vergangenen 12 Monaten stark eingetrübt. Quelle: KfW Research, BVK, Deutsche Börse Venture Network

Heißt das, dass die wirtschaftliche Lage in der AM-Branche eine andere ist als in anderen Industriebereichen?

Wir bewegen uns bei der Additiven Fertigung in einem besonderen Markt. Die Technologien sind disruptiv und spielen für die Transformation traditioneller Industriezweige eine wichtige Rolle. In meiner Heimat zum Beispiel, in Oberfranken, ist die Wirtschaft sehr von der Automobilindustrie geprägt. Dieser Fokus kann auch gefährlich werden. Viele Zulieferer stehen unter Druck und investieren auch deshalb weiter in die Additive Fertigung. Denn sie liefert Technologien, die ihnen eine Perspektive auf Champions-League-Niveau bietet.

Das klingt nach einer zuversichtlichen Prognose für den AM-Markt. Auf der anderen Seite ist das Venture Capital Barometer in Deutschland inzwischen fast so tief wie Anfang 2020 mitten in der Corona-Krise (siehe Grafik). Konjunktur, Zinsniveau und Exit-Möglichkeiten werden sehr negativ bewertet. Wie haben Sie mit der HZG Group darauf reagiert?

Natürlich hat das finanzielle Umfeld auch bei den Start-ups, die sich mit Additiver Fertigung beschäftigen, Spuren hinterlassen. Die Zeiten, in denen ein enormes Wachstum fast selbstverständlich war, sind erst einmal vorbei. Aber mit der HZG Group haben wir den Luxus, dass wir wenn nötig etwas vom Gaspedal runtergehen können, schließlich haben wir sehr spannende Beteiligungen, um die wir uns intensiv kümmern.

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Nachdem das Geschäftsklima im Bereich Venture Capital 2021 noch sehr positiv war, ist es 2022 deutlich umgeschlagen. Auch im langfristigen Vergleich ist die Lage derzeit sehr eingetrübt. Quelle: KfW Research, BVK, Deutsche Börse Venture Network
 

Sehen Sie die aktuelle Situation als Investor damit eher positiv?

Wir profitieren vor allem deshalb, weil wir nachhaltig investieren. Wir entscheiden uns bewusst für Unternehmen und begleiten diese dann auf ihrem weiteren Weg. Wir bieten mit der HZG Group ein ganzes Ökosystem, das zum Beispiel Kontakte in die Politik, in die Forschung und zu Sales-Partnern oder unser eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum Naddcon umfasst, und können dadurch effektiv als Katalysator die weitere Entwicklung unterstützen. Das sind Faktoren, über die manche Start-ups, selbst wenn sie viel Geld haben, nicht verfügen. Das kommt sehr gut am Markt an. Denn Start-ups sind oft mit der Entwicklung von Technologie beschäftigt und haben nicht die Zeit, sich zum Beispiel intensiv um den Vertrieb oder den Kontakt zu Anwendern zu kümmern. Da können wir sie unterstützen. Mittlerweile zeigt sich ganz klar, dass wir mit unseren Möglichkeiten für die Startups auch erste Wahl sind; das bedeutet, wir kommen mit den Unternehmen zusammen, die wir uns auch wünschen – ein klarer Vorteil auch für unsere Fund-Investoren: Wir beteiligen uns qualitativ hochwertig!

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Auch bei AIM3D ist Frank Carsten Herzog mit der HZG Group investiert. Eine Maschine des Unternehmens findet sich im Naddcon. Bild: Markus Drossel

Bei vielen Start-ups und Investoren war vor allem ein schnelles Wachstum die Maxime, auch wenn dafür viel Kapital notwendig war. Was geben Sie Ihren Beteiligungen mit auf den Weg?

Wir gehen bei unseren Investments sehr bodenständig vor. Ich habe selbst damals Concept Laser mit einer Finanzierung von 750.000 Euro gegründet, die Investoren kamen aus der Familie. Das war ein sehr übersichtliches Budget für den Anfang. Wir waren vier Personen im Unternehmen, hatten den ersten Prototyp auf einer Messe präsentiert und im Anschluss ging es schon darum, sich über Wasser zu halten. Das war eine harte Zeit, aber wir haben auch gelernt, sehr bewusst mit Geld umzugehen. Diese Situation muss in der Dramatik sicherlich nicht von jedem Start-up wiederholt werden, aber sehr bewusst mit Investment-Geldern umzugehen, das bleibt wichtig.

Sie sind sehr heimatverbunden, haben beim Verkauf Ihres Unternehmens an GE Investitionen über 150 Mio. Euro für einen neuen Standort in Lichtenfels gesichert, stehen Ihrem örtlichen Fußballverein vor und engagieren sich als Investor vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Wie gut ist denn der Standort Deutschland für Start-ups? Die Kritik an hohen Steuern und Energiepreisen und der Bürokratie wird ja immer lauter. 

Das ist ein Punkt, und ich kann mir vorstellen, dass er ausländische Investoren vielleicht etwas abschreckt. Aber ich bin mit Concept Laser in meiner Heimat geblieben, wir haben hier mit GE 150 Mio. Euro in einen modernen 3D-Campus investiert und dafür auf 100 Mio. Euro Verkaufserlös verzichtet. Im Stadtgebiet von Lichtenfels wurden in den vergangenen Jahren von verschiedenen unternehmerischen Akteuren weitere 100 Mio. Euro in den Bereich 3D-Druck investiert. Das hat gut funktioniert. Auf der anderen Seite ärgere ich mich schon seit Jahren, dass unsere Verwaltungen immer größer werden. Dinge umzusetzen wird immer schwieriger. Meine Kritik zielt nicht auf die Beamten, sondern auf die politisch gesetzten Rahmenbedingungen. Wir bräuchten da einen wirklichen Befreiungsschlag, der in seiner Wucht im Ausland auch bemerkt wird. Mit Selbstzufriedenheit kommen wir nicht weiter. Es ist aber auch so, dass wir ein hervorragendes Netzwerk in Forschung, Industrie und Politik haben, von dem auch unsere Start-ups profitieren. Da gehen wir wenn nötig auch die steinigeren Wege mit den Verwaltungen. Wir müssen da im Dialog bleiben.

Spielt neben Ihrer Heimatverbundenheit bei Ihrem Engagement mit der HZG Group auch eine persönliche Motivation eine Rolle? Sie hätten doch nach ihrem Ausstieg bei GE das Leben relaxt genießen können … 

Ich habe da einen Idealismus; das wird einem ja oft nicht abgenommen, er ist aber da. Mit den Möglichkeiten, die ich durch meinen großen unternehmerischen Erfolg ohne Frage habe, möchte ich etwas bewegen. Ich möchte diese Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit, die ich bekomme, für meine Mitmenschen im sozialen Sinne nutzbar machen und vor allem den Kindern und Jugendlichen eine Perspektive in unserem ländlich geprägten Raum bieten. Außerdem habe ich von der Firmengründung bis zum Übergang in ein global agierendes Unternehmen alle einzelnen Phasen selbst miterlebt und gestaltet. Wir setzen Kapital für die die nächste Generation von Additive Manufacturing ein und investieren auch in unseren Nachwuchs an Technikern und Ingenieuren. 

Herr Herzog, herzlichen Dank für das Gespräch.

MEHR INFOS UNTER:

hzg-group.com

Tags

  • Design und Produktentwicklung
  • Additive Fertigung