Interview: Thomas Masuch, 04.11.2024
Frank Carsten Herzog, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der HZG Group, spricht mit dem Formnext Magazin über die aktuelle Marktlage der Additiven Fertigung.
Wie ist die aktuelle Situation im Gesamtmarkt und bei der HZG Group?
Frank Carsten Herzog: Für viele Start-ups aus der 3D-Druck-Branche ist es schwieriger geworden, Kapital für neue Finanzierungsrunden zu finden. Überzogene Vorstellungen bei den Bewertungen begegnen uns als Investoren nicht mehr so häufig wie noch vor drei Jahren. Die Selbsteinschätzung der Start-ups wird realistischer.
Die Start-ups, an denen wir als HZG Group beteiligt sind, befinden sich in unterschiedlichen Unternehmensphasen. Wer eine bahnbrechende Innovation entwickelt, bekommt von uns als Investor Zeit und Unterstützung, bis die Technologie ausgereift ist. Parallel wird die Go-to-Market-Strategie entwickelt. Die Start-ups mit fertigen Produkten arbeiten parallel zum Vertrieb und der weiteren Forschung intensiv an realistischen Profitabilitätsszenarien. Der Blick auf unsere Portfolio-Unternehmen stimmt mich insgesamt sehr optimistisch.
Ist der Pessimismus für den gesamten AM-Markt, den man von manchen Stellen hört, begründet?
Frank Carsten Herzog: Für Pessimismus gibt es keinen Grund. Insgesamt wächst der Markt für 3D-Druck. Bei der Ersatzteilproduktion und der Werkzeugherstellung sind wir auf dem Weg zu einer ordentlichen Marktdurchdringung. Und immer mehr Unternehmen betrachten den 3D-Druck auch als Option für die Serienproduktion.
Was sind die Ursachen für die teils etwas verhaltene Situation? Ist die Entwicklung des gesamten AM-Marktes schwächer als erwartet?
Frank Carsten Herzog: Nicht alle Prognosen sind eingetroffen, vieles war aber auch einem Hype geschuldet. Wer dachte, dass sich der 3D-Druck in allen Bereichen durchsetzt, ist jetzt vielleicht etwas ernüchtert. Es gibt natürliche Grenzen. Für Stückzahlen im Millionenbereich wird der 3D-Druck zum Beispiel auch in Zukunft nicht infrage kommen. Insgesamt braucht es einen differenzierten Blick, um Wachstumschancen zu identifizieren. Den einen AM-Markt gibt es nicht.
Wird die Konkurrenzsituation (insbesondere für europäische Unternehmen) härter?
Frank Carsten Herzog: Ich empfehle jedem Unternehmer, beim Einsatz neuer Technologien mutig zu agieren. Europa ist in der Grundlagenforschung stark, in der Umsetzung ziehen dann häufig die Unternehmen aus den USA vorüber. Wir brauchen einen Chancenblick auf neue Technologien.
Welche Chancen ergeben sich dennoch für AM-Unternehmen?
Frank Carsten Herzog: Gerade durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz erwarte ich neue Innovationsschübe in der Branche. Auch bei den Produktionsverfahren selbst sehen wir nach wie vor tolle Innovationen.
Als größte Chance sehe ich aber unser starkes Ausbildungssystem. Hier sollten wir als Gesellschaft weiter investieren, damit angehende Ingenieure von Anfang an mit den neuesten Technologien vertraut sind. In Lichtenfels bieten wir daher im FADZ-Projekt bereits 3D-Druck-Kurse für Schülerinnen und Schüler an und haben gemeinsam mit der Hochschule Coburg ein Masterstudienprogramm für 3D-Druck initiiert, bislang das einzige seiner Art in Deutschland – aber das muss ja nicht so bleiben.
Über die aktuelle Marktsituation haben wir mit vier weiteren AM-Experten gesprochen:
- Arno Held, AM Ventures: „Positiv ist, dass sich unseriöse Teilnehmer vom Tisch verabschiedet haben“
- Rainer Lotz, Renishaw: „Die guten langfristigen Aussichten sind nicht gefährdet“
- Jurgen Laudus, Materialise Manufacturing: Großer Unterschied zwischen Prototyping und Serienfertigung
- Rainer Gebhardt, VDMA: „Zuversichtlicher als der Durchschnitt“
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- Marktberichte und Studien