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Additive Manufacturing und Künstliche Intelligenz

Ein neuer Hype Cycle?

Text: James Woodcock, 04.11.2024

Ein Überblick zum aktuellen Stand der Künstlichen Intelligenz in der Additiven Fertigung mit einem besonderen Blick auf die Bereiche Ideenfindung und Design, Bauprozess, Qualitätssicherung und zukünftige Fehlervermeidung.

KI ist, wie Sie vielleicht bemerkt haben, überall. Ob es um politische Wahlen, die Auswirkungen auf Rekrutierung, Bildung oder die Fertigung geht – KI scheint immer ein zentrales Thema zu sein. Dabei steckt die Anwendung von KI-Modellen noch in den Kinderschuhen, auch im Bereich der Additiven Fertigung (AM). Derzeit laufen viele Forschungsprojekte dazu. So entwickelt das National Institute of Standards and Technology (NIST) im Rahmen des Projekts „Advanced Informatics and Artificial Intelligence for Additive Manufacturing“ (AI2AM) Methoden, Modelle, Standards und Best Practices, um mithilfe von KI-Technologien AM in Richtung „Born Qualified“ und „First Part Correct“ zu entwickeln.

Trotz des frühen Entwicklungsstandes der Technologie gibt es in der Welt der Additiven Fertigung verschiedene KI-Typen, die bereits entlang der gesamten Prozesskette genutzt werden oder zukünftig genutzt werden könnten.

KI hilft nicht nur beim Design, sondern auch bei weiteren Prozessschritten der Additiven Fertigung. Bild: James Woodock
KI hilft nicht nur beim Design, sondern auch bei weiteren Prozessschritten der Additiven Fertigung. Bild: James Woodock

Ideenfindung und Design

Im Bereich Design für Additive Fertigung (DfAM) kann KI komplexe Designs erstellen, die die Vorteile von AM voll ausschöpfen. Eigenständig oder eingebettet in wichtige CAD-Software wie Autodesk Fusion 360 oder Siemens NX bieten Lösungen wie Meshy AI die Möglichkeit, 3D-Modelle aus Textanweisungen oder Fotos zu erstellen – exportierbar als .stl-Dateien. Das verkürzt die Designzeit erheblich und ermöglicht es, in kürzerer Zeit mehr Lösungen auszuprobieren.

Verschiedene KI-Prozesse wie maschinelles Lernen, prädiktive Analysen und physikbasierte KI-Software können Dateien vor dem Druck analysieren und korrigieren. Lösungen wie Amaize von 1000 Kelvin können Probleme bei individuellen Bauvorhaben basierend auf Geometrie, Maschinenparametern und Materialwahl vorhersagen und so die Anzahl der fehlgeschlagenen Builds reduzieren. Dabei analysieren die Programme die Teile und weitere bestehende bekannte Datensätze. 

Dazu ein reales Beispiel: Die Citrine-Plattform wurde in Zusammenarbeit mit der Alliance for the Development of Additive Processing Technologies (ADAPT) eingesetzt, um Scharniere für minengeschützte Fahrzeuge (MRAP) zu optimieren. Die KI-gesteuerte Optimierung führte zu einer 50-prozentigen Erhöhung der Festigkeit, einer 38-prozentigen Gewichtsreduktion und einer Reduzierung der ursprünglichen sechs Teile auf nur eines.

Mit KI designter Messestand. Bild: James Woodcock
Mit KI designter Messestand. Bild: James Woodcock

Festlegung des Bauprozesses

Modelle (ML = maschinelles Lernen) können riesige Materialdatensätze analysieren und diese Informationen mit Daten aus früheren Builds kombinieren, um vorherzusagen, wie sich ein bestimmtes Material während des Druckprozesses verhalten wird. Ingenieure können damit fundierte Entscheidungen über die zu verwendenden Materialien zu treffen.

Prädiktive Analysen stellen sicher, dass Zeitpläne effizient optimiert werden. So können Fertigungsunternehmen Ausfallzeiten minimieren, indem sie ihre Druckaufträge basierend auf Maschinenverfügbarkeit, Materialbeständen und Prioritäten planen.

KI in der Qualitätssicherung (QA)

AM-Prozesse, insbesondere bei Metallen, erfordern eine komplexe Choreografie von Chemie und Physik. Dabei kann viel schiefgehen. KI-basierte Bilderkennungssysteme nutzen Deep Learning, um jede Schicht eines Drucks in Echtzeit zu überwachen und Defekte wie Schichtverschiebungen, Verwerfungen oder andere Inkonsistenzen zu erkennen. Rückkopplungsschleifen können erforderliche Korrekturen umsetzen; die Bauprozesse können gestoppt werden, bevor der Fehler den gesamten Druck zerstört.

Nach dem Druck ist noch immer eine Inspektion erforderlich – ein zeitaufwendiger Prozess, der anfällig für menschliche Fehler ist. KI-gesteuerte automatisierte Inspektionssysteme lösen dieses Problem, indem sie Teile nach der Produktion mithilfe von Computer Vision und Deep Learning analysieren. Unternehmen wie EOS haben Bilderkennung in ihre Plattformen integriert (EOSCONNECT), um eine Echtzeit-Prozessüberwachung sicherzustellen und Defekte frühzeitig zu identifizieren. „Build Quality“ von Oqtons kombiniert Bausimulation, -überwachung und -inspektion, um sicherzustellen, dass Teile ohne menschliches Eingreifen gemäß den Spezifikationen hergestellt werden.

KI hilft auch bei der Überwachung und Wartung von Maschinen. Bild: James Woodcock
KI hilft auch bei der Überwachung und Wartung von Maschinen. Bild: James Woodcock

Das ewige Ärgernis der Nachbearbeitung kann ebenfalls mit KI-gesteuerten robotischen Systemen automatisiert werden. Das optimiert den Produktionsworkflow und stellt bei der Entfernung von Stützstrukturen und Oberflächenveredelung gleich bleibende Ergebnisse sicher.

Zukünftige Fehlervermeidung

Die prädiktive Wartung – also die Wartung eines Systems, bevor es ausfällt – ist eines der wichtigsten Gebiete, in denen KI einen Mehrwert erzeugt. Durch den Einsatz von ML und IoT-/IIoT-fähigen Sensoren kann KI den Zustand von AM-Maschinen überwachen und Wartungsarbeiten vorhersagen, bevor es zu einem Ausfall kommt. Dieser proaktive Ansatz minimiert ungeplante Ausfallzeiten, senkt Reparaturkosten und verlängert die Lebensdauer der Maschinen. Durch die Integration prädiktiver Wartungslösungen lassen sich die die Maschinenverfügbarkeit und die Effizienz der Fertigung um bis zu 20 Prozent steigern.

Begriffserklärung

Maschinelles Lernen
Ein Teilgebiet der KI, lernt, aus Daten zu lernen, um Vorhersagen oder Entscheidungen zu treffen, ohne für jede Aufgabe explizit programmiert zu sein. 

Deep Learning
Ein Teilgebiet des maschinellen Lernens, das neuronale Netzwerke verwendet, um komplexe Muster in Daten zu modellieren. Es ist besonders effektiv für Aufgaben wie Bild- und Spracherkennung.

Generative Modelle
KI-Modelle, die neue Datenproben erzeugen, die den Trainingsdaten ähneln. Diese Modelle können neue Texte, Bilder, Musik oder andere Inhalte erstellen.

Neuronale Netzwerke
Ein Satz von Algorithmen, die lose nach dem menschlichen Gehirn modelliert und darauf ausgelegt sind, Muster zu erkennen. 

Tags

  • Additive Fertigung