09.09.2022, von Christophe Eschenbrenner, Präsident von France Additive
Für Frankreich begann alles 1984, als drei französische Pioniere, nämlich Jean-Claude André, Olivier de Witte und Alain le Méhauté, die Stereolithografie erfanden. Von diesem Zeitpunkt an glaubten Forschungszentren, Ausbildungslabors, Industrieunternehmen und Endverbraucher an 3D-Printing: eine Revolution ist in Gang gekommen. 38 Jahre später hat sich diese Idee weltweit verbreitet, und auch in Frankreich hat sich die Additive Fertigung sowohl auf Hersteller- als auch auf Anwenderseite sehr erfolgreich entwickelt. In Zahlen ausgedrückt hat der französische AM-Markt ein Volumen von etwa 500 Mio. Euro und zeigt zweistellige Wachstumsraten. Damit befindet er sich unter den Top 6 weltweit.
Für einen genaueren Überblick der französischen AM-Akteure können diese in die folgenden sechs Kategorien eingeteilt werden:
- nationale Forschungszentren, die an den Grundlagen arbeiten, wie CEA und CNRS
- Laboratorien und Bildungseinrichtungen, vor allem in Verbindung mit Universitäten und Ingenieurschulen
- technische Zentren und regionale Plattformen wie France Eclat, Cetim, Inori, Cimes, NAE
- Lösungsanbieter für die gesamte Prozesskette einschließlich Software, Material, Hardware, Energie, Dienstleistungen
- Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, die in der Lage sind, mit Qualität und Effizienz zu fertigen
- Endnutzer, von Start-ups über KMU bis hin zu großen Konzernen in vielen Sektoren
Die meisten dieser Akteure agieren gemeinsam im 3D-Printing-Cluster France Additive, einer gemeinnützigen Organisation, die Akteuren mit Sitz in Frankreich oder im Ausland offensteht, die ein gemeinsames Anliegen haben: Wie kann man auf dem französischen Markt vorankommen und mit der Additiven Fertigung einen Mehrwert in sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht schaffen? Wir haben sogar erlebt, dass besondere AM-Lösungen genutzt werden, um die französischen Ambitionen für die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu unterstützen.
Dynamik innerhalb der Regionen
In Frankreich gibt es 18 Regionen, die in den Bereichen Forschung, Bildung und Wirtschaftswachstum sehr aktiv sind. Zwei von ihnen werden an der Formnext 2022 teilnehmen: Auvergne-Rhône-Alpes und Nouvelle-Aquitaine. In den Regionen arbeitet ein Netz von technischen Zentren eng mit den Endnutzern zusammen, um die Bedürfnisse der Unternehmen zu ermitteln, potenzielle Lösungen zu finden, Schwierigkeiten zu lösen und die Vorteile vor der Industrialisierung zu prüfen. Die meisten von ihnen werden unter dem gemeinsamen Label „Institut Carnot“ auf der Formnext präsent sein.
19 Industriesektoren
Die französische Regierung hat 19 strategische Industriesektoren definiert. Jeder von ihnen hat eine Rahmenvereinbarung mit einem Fahrplan für die Zukunft abgeschlossen: wohin sie sich entwickeln, was sie brauchen, wie sie es umsetzen und was sie in Bezug auf die Wertschöpfung leisten werden.
Fünf dieser Sektoren haben 3D-Druck offiziell als Schlüssel zum Erreichen ihrer Ziele bezeichnet: Luft- und Raumfahrt, Mode und Luxus, Kernkraft, Eisenbahn und Marine. Für die AM-Unternehmen ist dies eine vielversprechende Gelegenheit, dafür die Grundlagen und langfristig neue Anwendungen in den Bereichen Batterien, Wasserstoff, Verpackung u. a. zu schaffen.
Im Rahmen des neuen Programms France 2030, das von Präsident Emmanuel Macron ins Leben gerufen wurde, wird ein beachtlicher nationaler Fonds in Höhe von 54 Mrd. Euro bereitgestellt (ein Teil davon für AM), der von der französischen öffentlichen Investitionsbank BPI verwaltet wird. France Additive war einer der Akteure, die für die Definition und Umsetzung dieser AM-Ambitionen ausgewählt wurden.
Die Additive Fertigung wird von französischen Behörden als „Game Changer“ für die Industrie und als effizientes Instrument zur Erfüllung der Nachhaltigkeitsverpflichtungen gesehen. Außerdem gilt AM dank seiner dezentralen Fertigungskapazitäten als Werkzeug zur „Re-Industrialisierung“ französischer Regionen.
AM-Unternehmen breit aufgestellt
Französische AM-Unternehmen sind in verschiedenen Segmenten wie z. B. Aligner (Prodways), Keramik (3DCeram), Beton (XTree), Biomaterialien (Arkema), Design-to-Manufacturing-Software (Dassault Systemes) und Gas (Air Liquide) weltweit führend.
Pionierunternehmen wie AddUp (PBF und DED), Volumic (FDM), Aubert & Duval (Metall), Kimya (Polymere) und weitere wachsen schnell. Zudem gibt es immer mehr Neugründungen wie Lynxter (Silikon), Pollen AM (Pellets), Poietis (menschliches Gewebe), Cosmyx3D (FDM), Nanovia (Material), Vistory (Sicherheit), Batiprint (Bauwesen), Handddle (Ausrüstung), VLM Robotics (Automatisierung), Cirtes (Strato) oder Cognitive Design (Software). Außerdem bündeln neue Marktteilnehmer wie Viaccess Orca (Sicherheit) oder Vallourec (WAAM) ihre Kräfte.
Dienstleistungsanbieter entwickeln sich in einem hohen Tempo und stellen Serienprodukte her, dazu zählen Erpro, Volum-E, 3DProd, Demgy, Bombyx, Lisi, NES, Sculpteo, THI und andere. Auch Ingenieurunternehmen haben die Additive Fertigung für sich entdeckt (u. a. Capgemini, Sopra Steria, Segula). Wichtig ist ebenso, dass Bildungsakteure junge Talente auszubilden. Dazu zählen Ingenieurschulen (Polytechnique, Centrale, CESI), Universitäten (Belfort, Lille, Lyon, Nancy, Nantes, Picardie, Saclay, Toulouse) und andere (Lycée Loritz, AFPA, AFPMA).
Die Anwender: vom Konzern bis zum Start-up
Die französische Wirtschaft ist bekannt für ihre großen, weltweit führenden Konzerne. Sie verwenden AM und haben spannende Anwendungen entwickelt. Dazu zählen Chanel, L'Oreal (Luxusgüter), Lafarage, Holcim (Baugewerbe), Alstom, SNCF (Eisenbahnen), Naval Group (Schifffahrt), Thales (Verteidigung), Renault, Stellantis, Michelin, Valeo (Automobilindustrie), Airbus, Ariane, Dassault Aviation, Safran (Luft- und Raumfahrt), EDF, Total (Energie) und viele mehr. Auch sehr proaktive Unternehmen aus dem Einzelhandel wie Decathlon, Salomon und SEB setzen AM erfolgreich ein.
Frankreich ist auch eine „Start-up-Nation“. Es entstehen viele neue AM-Unternehmen, unter anderem im medizinischen Bereich mit XFeet (Orthopädie) und Lattice Medical (Implantate) sowie im Konsumgüterbereich mit Syos (Musik), Yuyo (Surfen) oder La Patisserie Numerique (Lebensmittel).
„La French Tech“ nennt sich die französische Start-up-Szene. Sie bringt Start-ups, Investoren, politische Entscheidungsträger und Community Builder zusammen und verfolgt das Ziel, Frankreich zu einem hervorragenden Ort für die Gründung und das Wachstum internationaler Unternehmen zu machen.
„La French Fab“ bringt das industrielle Ökosystem in ganz Frankreich zusammen. Diese beiden Ökosysteme bündeln ihre Kräfte, um rasch auf Industrie 4.0 umzustellen. Internationale AM-Akteure können sich über das Programm „Choose France“ beteiligen. Weitere Informationen dazu wird es auf der Formnext 2022 geben, auf der auch France Additive im Rahmen von Animationen, Konferenzen und Delegationsreisen aktiv ist.
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