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Schräg gedacht

Verhinderte Garagenmythen

Kolumne Schraeg gedacht / von Thomas Masuch — 17.05.2023

Glücklich kann sich ein Unternehmen schätzen, das eine spannende Geschichte hat. Die macht es interessant für Kunden und Investoren und stärkt die Identifikation der Belegschaft. Die besten Unternehmensstorys starten mit einem Gründungsmythos, und der beginnt oftmals in einer Garage: Zwischen Tennisschlägern und Autoreifen treffen versierte Tüftler und waghalsige Businessgenies zusammen und setzen die Bausteine für ein künftiges Unternehmen aufeinander. 

Illustration: iStock / Veronika Karpenko
Illustration: feedbackmedia.de, iStock / Gleb Kosarenko, Five Stars

Die berühmteste Garage der Wirtschaftsgeschichte liegt am  Crist Drive in Los Altos, Kalifornien, Hausnummer 2066. Vor 46 Jahren schraubten hier Steve Jobs, seine Adoptivschwester Patricia und Steve Wozniak den Apple 1 zusammen. Kunden kamen vorbei und 1976 wurde hier die Firma Apple gegründet, mit einem Startkapital von 1.300 US-Dollar. Heute ist Apple weit mehr als 2 Billionen US-Dollar wert und die Garage steht unter Denkmalschutz.

Die Blaupause für Jobs und Wozniak lieferten übrigens Bill Hewlett und David Packard, die nur wenige Kilometer entfernt in Paolo Alto 1939 das Unternehmen HP gründeten – natürlich auch in der Garage. Ähnliche Anfänge hatten übrigens auch Google und Microsoft.

Doch warum spielen diese und andere Geschichten über Garagen-Start-ups fast ausnahmslos in den USA? Liegt das möglicherweise am besonderen Unternehmergeist im Land der unbegrenzten Möglichkeiten oder schlicht an den äußerst geräumigen Garagen in den USA? Schließlich sind dort die Autos ja in der Regel deutlich größer als zum Beispiel bei uns in Europa. 

Aus Deutschland ist übrigens keine entsprechende Gründerstory bekannt, was aber nicht unbedingt an der mangelnden Kreativität hiesiger Tüftler liegen muss. Denn einige der größten deutschen Firmen wurden schon im 19. Jahrhundert gegründet – zum Beispiel BASF im Jahr 1865 oder die Daimler-Motoren-Gesellschaft (ging 2022 in der Daimler-Benz AG auf) im Jahr 1890. Damals waren Autos noch gar nicht verbreitet – und Garagen gab es auch nicht. 

Dass auch die jüngere deutsche Wirtschaftsgeschichte keine berühmte Garagengründung überliefert hat (obwohl die Voraussetzungen im AM-Bereich hierfür gegeben sind, siehe Interview mit Frank Carsten Herzog), ist dagegen schwieriger zu erklären. Möglicherweise ist das der gründlichen deutschen Bürokratie geschuldet, die sich weltweit einen sehr peniblen Ruf erarbeitet hat und zum Beispiel detailliert regelt, was in einer deutschen Garage erlaubt ist und was nicht. Um es den jungen Tüftlern nicht zu einfach zu machen, haben die 16 deutschen Bundesländer jeweils eine eigene Garagenverordnung, die dann besagt, dass eine Garage nur Pkw und Gegenstände, die mit einem Pkw in Verbindung stehen (zum Beispiel Reifen), beherbergen darf. 

Nicht erlaubt ist dagegen die Nutzung als Werkstatt oder Lager für andere Dinge. Ein Gründungsmythos nach dem Vorbild von Apple oder HP wird da schwierig. Wer viel Fantasie hat, denkt vielleicht darüber nach, einen 3D-Drucker in einem Auto zu installieren und dieses dann in der Garage zu parken. Ob das juristisch sauber ist, konnten wir leider nicht prüfen. Eindeutig ist dagegen, dass die ersten Geschäftserfolge woanders gefeiert werden müssen, denn auch Partys sind in deutschen Garagen nicht gestattet.

Tags

  • Schräg gedacht
  • Additive Fertigung