Text: Thomas Masuch
Takeaway 6: Großformatiger 3D-Druck boomt
Eines der optischen Highlights der Formnext 2025 waren die mehrere Meter großen Bauteilen auf den Ständen von CEAD, Caracol, CMS, Rapid Fusion, Yizumi und anderen Anbietern von LFAM-Technologie (Large Format Additive Manufacturing). Selbst edle Boote wurden gezeigt und teilweise gleich zu einer Art Besprechungsraum umfunktioniert. Auch beim polnischen Unternehmen Fanum entstanden aus Polystyrol gedruckte Bootskörper auf dem Stand. Nach vier Messetagen stapelten sich mehrere Prototypen auf dem Stand – zwischendurch hatte das Unternehmen seinen Gantry-Hybrid-Anlage pausiert, weil sonst der Platz nicht ausgereicht hätte, wie CTO Szymon Skorupski erklärte. Das polnische Unternehmen ist ein gutes Beispiel für die Entwicklung dieses noch jungen Teilbereichs der Additiven Fertigung: Eigentlich kommt des mittelständische Unternehmen aus der Zerspanung, hat vor einigen Jahren den 3D-Druck für sich entdeckt, bereits einige Anwendungen erschlossen und entwickelt auch zusammen mit den Besuchern auf der Formnext immer weitere Einsatzmöglichkeiten für seine Technologie.
Dabei spielte die LFAM-Musik auf der Formnext nicht nur im Polymer-Bereich: MX3D, WAAM3D und Gefertec zeigten spannende Metall-Anwendungen. Und auch Caracol hat mit seinem Vipra-System den Einstieg in den Metallbereich gemeistert.
LFAM eröffnet immer neue Möglichkeiten. Bilder: Thomas Masuch
Takeaway 7: Branche bleibt sehr innovativ
Auch wenn die AM-Welt den Fokus noch stärker auf konkrete Anwendungen und letztlich das Generieren vom Umsatz legt, bleibt die Branche nach wie vor enorm innovativ. Beweis dafür sind die vielen Produktlaunches, wobei 2025 sicherlich die Premieren des H2C Bambu Lab und der EOS M4 Onyx für die meiste Aufmerksamkeit sorgten. Während Bambu Lab mit seinem neuen Multimaterialdrucker „Ingenieurs Präzision“ verbindet, verspricht EOS mit seinem neuen System, das der EOS M400-4 folgt, eine deutlich höhere Produktivität, Verlässlichkeit und Kosteneffizienz. Daneben gab es noch zahlreiche weitere neue Systeme, Materialien, Software- und Nachbearbeitungslösungen sowie neue AM-Marktplätze. (eine breite Auswahl haben wir bereits in der Vorschau zur Formnext 2025 veröffentlicht). Außerdem präsentierten zahlreiche Anlagenhersteller Updates ihrer bestehenden Maschinen. Insgesamt zeigte sich, dass eine Vielzahl der Innovationen für ganz besondere Anwendungen entwickelt wurden. Sie fokussieren sich auf ein spezielles Marktsegment, in dem sie einen echten Mehrwert bieten. Ein weiterer Faktor war die weitere Steigerung der Effizienz. Das für sorgten nicht nur neue Maschinen, sondern Lösungen, die den gesamten Arbeitsablauf verbessern.
Takeaway 8: Asien als starke Konkurrenz etabliert
Asiatische AM-Unternehmen haben sich in vielen Segmenten als feste Größe und ernsthafte Konkurrenz etabliert. Neben technologisch guten Maschinen (zu in der Regel deutlich geringeren Preisen) haben viele Unternehmen z.B. mit Standorten in Europa und den USA den Service in diesen wichtigen Märkten verbessert. Während der AM-Markt in Asien schnell wächst, ist insbesondere in China der Konkurrenzdruck weiterhin hoch – was viele chinesische Anbieter dazu drängt, sich noch stärker auf den „Westen“ als Absatzmarkt zu fokussieren. Die Zollthematik der USA hat dafür gesorgt, dass Europa hier immer mehr als lohnendes Ziel ausgemacht wird. Umgekehrt ist es für westliche Anbieter schwer, vom Wachstum in Asien zu profitieren. Mancher etablierte Anlagenhersteller hat den Vertrieb in China aufgrund von Chancenlosigkeit ganz eingestellt. Dass es in Asien aber trotzdem funktionieren kann, stellte jüngst die Exentis Group AG unter Beweis: Nur zwei Wochen nach der Formnext meldete der Schweizer Spezialist für 3D-Siebdrucktechnologie den Verkauf von 10 Anlagen im Wert von rund 18 Mio. CHF (rund 19,2 Mio. EUR) an einen Kunden in Asien.
Takeaway 9: Aerospace, Healthcare und auch Defence sind treibende Anwenderindustrien
Die auf der Formnext präsentierten 3D-gedruckten Bauteile zeigten recht klar, welche Branchen aktuell Markt vorantreiben: Aerospace und Healthcare sind bereits seit vielen Jahren eine der Top 3-Anwenderindustrien. So fanden sich an einer Vielzahl der Stände (sowohl bei Anbietern von AM-Systemen, Materialien, Software oder bei Dienstleistern) Bauteile für Flugzeug- und Raketentriebwerke in unterschiedlichsten Größen, komplette Drohnen oder Komponenten davon. Ein optisches Highlight im Bereich Aviation war ein komplettes Tubroprop-Triebwerk mit zahlreichen additiv gefertigten Bauteilen am Stand von Colibrium Additive / AP&C (das Catalyst Triebwerk dient im Rahmen des Amber-Projekts als Demonstrator für Flugzeuge, die mit Wasserstoff-Zellen angetrieben werden). Im Bereich Medizin und Healthcare reichte das Angebot von Alignern über metallische Zahnkronen bis hin zu verschiedenen Orthesen und Prothesen. Für die beiden letzteren werden wir in der nächsten FON-Ausgabe den Stand und die Chancen von AM genauer beleuchten.
Daneben hat sich der Defence-Bereich offenbar als wichtiger Absatzmarkt für AM-Unternehmen etabliert. Das zeigte sich u.a. in Form Schalldämpfern und der genannten Drohnen, dazu gab es Lösungen für Ersatzteile und Reparaturen im Gelände. Viele Unternehmen, insbesondere AM-Systemhersteller, scheinen hier auf eine deutlich gestiegene Nachfrage zu reagieren.
Weitere Infos:
Teil 1 mit folgenden Trends:
- Takeaway 1: Ernüchterung scheint (vorsichtig) überwunden
- Takeaway 2: Neue Phase im Reifeprozesse – eine neue Additive Ära?
- Takeaway 3: Konsolidierung muss nicht schlecht sein
- Takeaway 4: Industrielle Anwendungen werden zum Gradmesser
- Takeaway 5: Günstige FDM-Desktop-Drucker – immer mehr professioneller Einsatz statt Consumer-Bereich