Text: Thomas Masuch

Unser Weg zu 3D Dot führt vorbei an einem Spielplatz, zehngeschossigen Wohnblocks aus der kommunistischen Zeit Rumäniens, einer Pizzeria und kleinere Cafés. Hier in einem recht belebten Wohngebiet der rumänischen Stadt Brasov, vermutet man kaum innovative Fertigung und moderne Bauteildesigns. Aber genau drauf trifft man, wenn man im Erdgeschoss eines der großen Wohnblöcke durch die große Glastür tritt und die Geschäftsräume des kleinen Unternehmens 3D Dot besucht.
Hier versammeln sich bunte Hocker mit einem bionisch geformten Gestell, zahlreiche noch verpackte Filamentspulen, und natürlich 3D-Drucker verschiedenster Hersteller und Größen - auf einigen rauschen die Düsen hin und her und lassen Bauteile entstehen. An zwei Schreibtischen dazwischen sitzen Ingenieure und Mitarbeiter, und kümmern sich um neue Designs und Kundenbestellungen. Aus einem Hinterraum kommt Geschäftsführer und Gründer Alexandru Dobre.
Die traditionsreiche Stadt Brasov zählt rund 250.000 Einwohner und liegt recht zentral in Rumänien. Die Stadt verfügt über eine Universität (die auch im Bereich 3D-Druck aktiv ist), einen internationalen Flughafen sowie Produktionsstätten zahlreicher internationaler Konzerne wie Miele, Sennheiser Autoliv und Schaeffler, wobei die letzten beiden auch sehr stark in den 3D-Druck investiert haben. Dazu bietet Brasov mit seiner sehenswerten Altstadt und den nahen Karpaten mit Ski- und Wandermöglichkeiten eine hohe Lebensqualität.

Potential in der Heimat erschließen
Eigentlich hatte Alexandru Dobre Sozialwissenschaften studiert und kam erst über Umwege mit der 3D-Druck-Technologie in Kontakt. „Während meines Studiums an der Copenhagen Business School in Dänemark absolvierte ich ein sechsmonatiges Praktikum bei einem Start-up, das einen neuen 3D-Drucker entwickelte.“ Dobre analysierte den AM-Markt und erkannte in der Technologie ein enormes Potential, das er auch in seiner Heimat in Rumänien erschließen wollte und dort 2016 sein eigenes Unternehmen gründete.
Danach hat ihn die Additive Fertigung nicht mehr losgelassen, und als Reseller und AM-Dienstleister ist er direkt am Puls des 3D-Drucks in Rumänien und in der Branche sehr gut vernetzt. Als Reseller vertritt er unter anderem Ultimaker, OMNI3D, Prusa, FormFutura, Shining3D und CraftBot. Zu den Kunden des fünf Mitarbeiter zählenden Unternehmens zählen internationale Industriebetriebe, Universitäten oder junge Unternehmen, die ihr eigenes Produkt auf den Markt bringen wollen. Sogar internationale Militärs, die in der Nähe von Brasov stationiert sind, kommen hin und wieder in sein Geschäft, um sich benötigte Komponenten drucken zu lassen.
Dabei ist Dobre überzeugt, dass der Bereich Verteidigung auch einen immer stärkeren Einfluss auf sein Geschäft haben wird: „In diesem neuen Kontext – wo der Krieg vor der Tür steht – glaube ich, dass der 3D-Druck in Rumänien eine neue Wendung nehmen wird.“ Auch deshalb hat er mit seinem Unternehmen in einen 3D-Drucker von OMNI 3D investiert, denn der polnische Druckerhersteller habe maßgeschneiderte Lösung unter anderem für die Drohnentechnologie entwickelt.

Bilder: 3D Dot

Schwerpunkt der rumänischen AM-Industrie im Low-Cost-Sektor
Rumänien hat sich als günstige Produktionsstätte für internationale Konzerne bewährt. Das bedeutet gleichzeitig aber auch, dass die Entwicklungszentren weiterhin eher in Deutschland oder Frankreich zu finden sind, und der Schwerpunkt der Additiven Fertigung in Rumänien eher im Low-Cost-Sektor liegt. Große Drucker lassen sich schwieriger verkaufen als ein Prusa oder Bambu Lab, erklärt Dobre. „Das liegt auch an der rumänischen Mentalität, die teilweise davon bestimmt ist, günstig zu produzieren. Viele Leute erkennen das Potential von Innovationen nicht,“ erklärt Alexandru, der auch deshalb mit zahlreichen Universitäten zusammenarbeitet und darauf setzt, dass künftige Absolventen ein verändertes Mindset mitbringen.
Kontinuierliches Wachstum
Trotzdem wächst der AM-Markt in Rumänien kontinuierlich, wenn auch von einer recht überschaubaren Basis – Alexandru schätzt das gesamte Marktvolumen auf rund 10. Mio. Euro. Für viele große 3D-Druck OEMs ist das wohl zu wenig, um eine eigenes Vertriebsnetz für Rumänien aufzubauen, so dass stattdessen oftmals Reseller aus Ost- oder Südosteuropa die ganze Region betreuen.
Etwas intensiver betrachten offenbar chinesische Hersteller den rumänischen Markt: „Von einer chinesischen Firma kam letztens sogar der General Manager zu mir nach Brasov, um mich als Reseller zu gewinnen.“ Ein Aufwand, den westliche Hersteller kaum betreiben würden – „da ist es manchmal allein schon ein echter Kampf, ein Angebot für einen Drucker zu bekommen.“
Damit der AM-Markt in Rumänien in Zukunft zügiger wächst, lehren oder forschen zahlreiche Universitäten in Rumänien (z.B. in Brasov, Bukarest oder Cluj) im Bereich 3D-Druck. Unterstützt wird diese Entwicklung auch von Alexandru Dobre, der in Studenten der Universität Transilvania Brașov sein Wissen im Bereich 3D-Druck vermittelt. Potenzial für weitere Anwendungen gibt es laut Dobre in Brasov mehr als genug, auch abseits der einschlägigen 3D-Druck-Pfade: zum Beispiel die zahlreichen historischen Gebäude, die sich teilweise in schlechtem Zustand befinden und nach einer Renovierung rufen. Und da auch in Rumänien Fachkräfte für Restauration knapp sind, könnten hier echte Chancen im Bereich Additive Construction entstehen. Einen Betondrucker hat Alexandru allerdings noch nicht im Portfolio – aber vielleicht wachsen in Rumänien mit den Chancen bald auch die Druckergrößen.