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Formnext 2025 – Bühne frei für den AM-Fortschritt

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Hunderte statt Millionen

26.05.2025

Filigrane Designs, in der Regel kleine Abmessungen für Ringe oder Anhänger und Endkunden, die bei außergewöhnlichen Designs nicht so genau auf den Preis achten: Eigentlich müsste die Schmuckindustrie ein Eldorado für den 3D-Druck sein.

Bild: Mathias Kutt / Mesago

Text: Thomas Masuch

Gleichzeitig ist Herstellung von Uhren, Ringen oder Halsketten bei weitem nicht so reguliert wie zum Beispiel die Medizin oder Luftfahrt – ganz im Gegenteil: Während sich andere Branchen zum Beispiel sehr stark mit der Herausforderung der Wiederholbarkeit beschäftigen, stehen in der Schmuckindustrie andere Eigenschaften wie Oberflächengüte im Fokus.

Und obwohl sich die Schmuckindustrie schon seit mehr als 20 Jahren mit der Additiven Fertigung von Prototypen, Wachsformen oder dem Laserstrahlschmelzen von Goldringen beschäftigt, haben erst die technologischen Fortschritte in den vergangenen Jahren (u.a. im Bereich Binder Jetting oder Mikro-3D-Druck) dazu geführt, dass die Breite der additiven Anwendungen deutlich gestiegen ist. Das zeigt sich inzwischen auch in einer starken Marktentwicklung (siehe unten).

Ringe, Uhren und Kristall

Eine der Wegbereiterinnen des 3D-Drucks in der Schmuckindustrie ist Marie Boltenstern. Die Schmuckdesignerin aus Wien hat 2015 die Marke ihres Vaters übernommen und sich danach einen Namen mit dem 3D-Druck von Schmuck gemacht – neben ihren Kollektionen, die auf 3D-gedrucktem Kunststoff basieren, bestehen ihre Schmuckstücke inzwischen z.B. auch aus Gelbgold kombiniert mit Edelsteinen. Dabei betont Boltenstern auch den nachhaltigen Aspekt des 3D-Drucks – zum Beispiel durch On-Demand-Fertigung und abfallarme Produktion. 

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Ohrringanhänger von Marie Boltenstern. Bild: Boltenstern
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Ring aus Gelbgold mit Edelsteinen Bild: Boltenstern

Das britische Unternehmen Cooksongold beschäftigt sich schon viele Jahre mit dem 3D-druck von Edelmetallen und verfügt über einen umfangreichen Maschinenpark mit mehreren Anlagen von EOS und Renishaw. Daneben verdüst das Unternehmen auch verschiedene Edelmetalle wie Gold, Silber, Palladium und Platin. Um sein Know-how neben der Schmuckindustrie auch in andere Bereiche zu tragen, hat Cooksongold im Herbst 2024 seine neue Sparte Cookson Industrial eröffnet.

Auch nutzen auch andere renommierte Unternehmen der Branche immer stärker die Additive Fertigung: Das italienische Unternehmen Legor hat inzwischen neben seinem traditionellen Geschäft ein 3D-Druck-Department aufgebaut. Jaipur Watch Company aus Indien bietet 3D-gedruckte Uhren an (die Modelle aus Edelstahl waren am 26.05. laut Website allerdings ausverkauft).  Der französische Uhrenhersteller A.L.B Watches integriert in verschiedene Modelle 3D-gedruckte Ziffernblättern und kooperiert dabei mit dem französischen AM-Dienstleister Sculpteo. Der niederländische Uhrenhersteller Holthinrichs druckt Uhrengehäuse unter anderem aus Edelstahl, Titan oder Platin, und bietet seinen Kunden die Möglichkeit, Uhren zu individualisieren: z.B. mit 3D-gdrucktem Texten oder individuellen Details.

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3D gedruckte Krystallbüste, die in der Zusammenarbeit von Xolo Swarovski entstanden ist. Bild: Xolo
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Ein Ball in einem Gehäuse, der von den Wissenschaftlern mittels Xolografie in 3D gedruckt wurde. Bild: Xolo / Dirk Radzinski
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Auch Smartwatch-Gehäuse werden inzwischen 3D-gedruckt. Bild: Mesago / Mathias Kutt
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Eine weitere Anwendung aus dem Bereiche Schmuck und Luxus von der Formnext 2024: eine Handtasche mit 3D-gedruckten Ornamenten. Bild: Mesago / Mathias Kutt

Neue Technologien

Aber auch neue technologische Entwicklungen werden inzwischen von der Schmuckindustrie schnell adaptiert – so hat das 1895 gegründete Traditionsunternehmen Swarowski im Herbst 2024 eine Kooperation mit dem 3D-Druck-Unternehmen Xolo bekannt gegeben. Das jungen Unternehmen aus Berlin hat sich unter anderem auf den 3D-Druck von Glas spezialisiert. Das Ziel der Zusammenarbeit soll sein, „Luxus und Kreativität auf ganz neue Weise miteinander zu verbinden“, wie die Unternehmen mitteilten.

AM schafft größere Flexibilität

Bei einer solch dynamischen Entwicklung in der Schmuck- und Luxusgüterbranche verwundert es nicht, dass auch auf der Formnext 2024 der Bereich sich immer weiter ins Rampenlicht drängte.  So präsentierte Maurizio Ficcadenti, Global R&D Manager von Balaran, einem traditionsreichen italienischen von Verpackungslösungen für die Kosmetikindustrie, auf dem Stand von Stratasys eine sehr hochwertig aussehende Parfümflasche, auf deren 3D-gedruckte Oberfläche im Scheinwerferlicht der Messehalle funkelte, als wäre sie mit Diamanten besetzt.  Das Unternehmen hat vor vier Jahren den 3D-Druck für sich entdeckt und vor knapp zwei Jahren einen Prozess entwickelt, der eine Lösung für die Herausforderung bietet, das 3D-gedruckte Kunststoff auf Glas haften bleibt. Den Vorteil dieser Lösung sieht Ficcadenti auch in der größeren Flexibilität: „Normalerweise produzieren wir Millionen Flaschen für große Marken – mit dem 3D-Druck können wir auch effizient und individuell kleine Stückzahlen im Bereich mehrerer Hundert anbieten.“

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Maurizio Ficcadenti, Global R&D Manager von Balaran, stellte auf der Formnext 2024 Parfümflaschen vor, die mittels 3D-Druck einen edlen, krystallgleichen Eindruck vermittelten. Bilder: Thomas Masuch

3D-Druck wächst deutlich schneller als der Schmuckmarkt

Das Wachstum des 3D-Drucks in der Schmuck-Industrie spiegelt sich auch in den Zahlen von Marktanalysen wider, wobei die Schätzung über die Marktgröße deutlich auseinandergehen: Das reicht von 489 Millionen US-Dollar (2023) von SmarTech Analysis über 841,7 Mio. US-Dollar (2023) von Grand View Research und 3,57 Mrd. US-Dollar (2024) von Business Research Company bis hin zu aktuell 5 Mrd. US-Dollar von The Brainy Insights. Gleichzeitig sehen die vier Analysehäuser für die nächsten Jahre ein jährliches Wachstum zwischen 10 und 20 Prozent.

Sollten diese Wachstumsprognosen zutreffen, wird der 3D-Druck in der gesamten Schmuckwelt seine Bedeutung deutlich ausbauen. Wichtige Treiber sind dabei unter anderem ein weiter zunehmendes Bestreben nach mehr Flexibilität, Designfreiheit und Nachhaltigkeit. Denn im Vergleich zum 3D-Druck in der Schmuckwelt wächst der gesamte globale Markt für Schmuck und Uhren, der laut Statista im Jahr 2025 einen Umsatz von 457 Mrd. Euro erwirtschaften soll, in den kommenden vier Jahren „nur“ um 4,65 Prozent pro Jahr. Dabei werden in der globalen Schmuckwelt, wie in vielen anderen Branchen auch, wichtige Impulse aus Fernost kommen: Bereits jetzt ist China mit einem Marktvolumen von 128 Mrd. Euro der wichtigste Player weltweit.

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China ist ein wichtiger Player und Absatzmarkt in der globalen Schmuckindustrie – kein Wunder, dass auch chinesische Hersteller wie Addireen auf der Formnext 2024 3D-gedruckten Schmuck präsentierten – hier Beispiele aus einer veredelten Kuper-Chrom-Zirkonium-Legierung. Bilder: Thomas Masuch

Weitere Informationen

https://www.addireen.com/en/

https://www.baralan.com/

https://boltenstern.com

www.cooksongold.com

https://holthinrichswatches.com/

https://xolo3d.com/