Der eigentliche „additive Druckprozess" als Kernprozess macht nur einen kleinen Teil einer teilweise komplexen Prozesskette aus. Von der Idee bis hin zum final gefertigten Bauteil werden viele Prozessschritte durchlaufen.
Der gesamte AM-Prozess
Für eine optimale Nutzung generativer Fertigungstechnologien muss der gesamte Prozess beherrscht werden. Dabei unterscheiden sich die Detailschritte teilweise erheblich, abhängig vom AM-Verfahren, von den Materialien und von weiteren Aspekten. In der Praxis findet man noch aus lauter manuellen Einzelschritten bestehende AM-Gesamtprozesse bis hin zu inzwischen hochgradig aufeinander abgestimmte und automatisierte AM-Gesamtprozesse (z.B. in der Zahnmedizin).
Als Orientierungshilfe werden Fragen aufgeworfen, die im Zusammenhang mit der Nutzung von AM Verfahren den jeweiligen Herstellern zu stellen sind:
- Welches Material wird benötigt?
- Sind die Bauteile Prototypen oder Serienbauteile?
- Welche Stückzahlen werden benötigt?
- Gibt es schon ähnliche vergleichbare AM-Anwendungen?
- Gibt es Dienstleister, die diese Leistung anbieten?
- Wie muss die vorhandene Organisationsstruktur den AM-Erfordernissen angepasst werden?
- Wie muss der Entwicklungsprozess an das AM-Verfahren angepasst werden?
Entwicklungsphase
Fragen Entwicklungsphase
- Welche Bauteil- und Materialeigenschaften sollte das AM-Bauteil in jedem Fall haben?
- Ist das Material generell oder speziell für die angestrebte Anwendung qualifiziert bzw. validiert?
- Was ist speziell für das „Design for Additive Manufacturing" zu beachten?
- Bestehen spezielle Konstruktionsvorgaben für das AM-gerechte Bauteildesign?
- Welche konstruktiven Möglichkeiten ergeben sich durch die AM-gerechte Bauteilkonstruktion?
- In welcher Art und Weise müssen die CAD-Daten vom Teilemodell vorliegen?
- Eignet sich ein spezielles AM-Verfahren in besonderer Weise für die angestrebten Bauteile?
AM-Produktionsphase
Fragen AM-Produktionsphase
- Lässt sich das AM-Verfahren in die bestehenden Prozesse integrieren?
- Welcher Betreuungsaufwand existiert für das angestrebte AM-Verfahren?
- Mit welchen Unterhaltskosten ist für das AM-Verfahren zu rechnen?
- Sind die Materialien frei käuflich oder sind diese nur originär vom Systemhersteller zu beziehen?
- Ist das System eine Black Box oder können Produktions-Parameter individuell angepasst werden?
- Bestehen besondere Schutzanforderungen für Mensch und Umwelt?
- Welche Fertigungs- / Baugeschwindigkeit hat das AM-Verfahren?
Nachbearbeitungsphase
Fragen Nachbearbeitungsphase
- Welche speziellen Nacharbeiten gibt es an den AM-gefertigten Bauteilen?
- Müssen die AM-Bauteile in einem weiteren Prozessschritt nachbehandelt werden?
- Kann im AM-Prozess nicht verwendetes Material wieder verwendet werden?
- Wie ist mit verbrauchtem Material umzugehen?
- Muss die Bauteilqualität über eine Qualifizierung, z.B. durch ein zerstörungsfreies Prüfverfahren, nachgewiesen werden?
Der Aufwand für die Nachbearbeitung additiv gefertigter Bauteile ist einsatz-, material- und verfahrensbedingt sehr unterschiedlich und überschreitet teilweise den Aufwand des eigentlichen Druckprozesses um das Vielfache. Ein Großteil der dem Druckprozess nachgeschalteten Nachbearbeitungen sind derzeit noch vielfach manuelle und unabhängige Einzelprozesse mit geringem Automationsgrad. Für die Herstellung hochwertiger AM-Bauteile ist ein fundiertes Wissen notwendig, um alle Einzelprozesse zu beherrschen und geforderte Qualitäten zu erreichen.
Wärmebehandlung
Zum Abbau der durch den Schichtaufbau entstandenen Eigenspannungen, folgt bei den gängigen Metallverfahren in der Regel eine Wärmebehandlung. Erst danach werden diese Bauteile entstützt.
Entstützen
3D-Bauteile werden zur Erzeugung von überhängenden Strukturen oder zur Verzugsminderung an die entsprechenden Grundplatten durch Hilfs- und Stützstrukturen angebunden. Diese werden nach dem eigentlichen additiven Fertigungsprozess entfernt.
Reinigen
Nach der additiven Fertigung müssen die Bauteile sorgfältig gereinigt werden. Überschüssiges Material,
z.B. Metall- oder Polymerpulver, wird dabei entfernt.
Sandstrahlen / Gleitschleifen
Bei den pulverbasierten Verfahren reicht das normale Reinigen nicht aus. Zur Reinigung und insbesondere zur Glättung der Bauteiloberflächen sind unterschiedliche Strahlverfahren (z.B. Sandstrahlen) oder Gleitschleifverfahren im Einsatz.
UV-Aushärten
Zur Erreichung endgültiger Materialfestigkeiten werden auf Photopolymeren basierende Bauteile im UV-Licht nachbelichtet und damit vollständig ausgehärtet.
Mechanische Bearbeitung
Mechanische Nachbearbeitungen sind bei nahezu allen Verfahren möglich. Bei Metallverfahren, bei denen nur bedingt konturnahe Geometrien erzeugt werden können, ist eine mechanische Nachbearbeitung zwingend erforderlich.
Sintern
Bei einigen Verfahren werden lediglich die sogenannten Grünteile, die Rohlinge, additiv erzeugt. Erst im nachgeschalteten Sinterprozess entsteht das eigentliche Bauteil. Dies ist immer mit großen Bauteilschwindungen verbunden.
Beschichten oder Infiltrieren
Um vollständige Gas- oder Flüssigkeitsdichtheit von Bauteilen herzustellen, werden mikroporöse Bauteile mittels Polymeren infiltriert oder beschichtet.
Dyeing / Einfärben
Das optische Erscheinungsbild pulverbasierter Polymerbauteile lässt sich durch ein nachgeschaltetes Einfärben deutlich verbessern